Juli 2016

Juli 2016


Liebe Scholé-Freunde,

Anfang Juli bin ich mit meinem Mann zum fünften Mal in das Dorf Vassilikos auf der griechischen Insel Zakynthos gefahren, wo eine ganz andere Atmosphäre herrscht als in den benachbarten Ortschaften, die vom Massentourismus gezeichnet sind: Shops und Vergnügunsprogramme aller Art, laut dröhnende Musik, gemietete Motorräder und Funmobile, die rücksichtslos auf den engen, kurvigen Straßen dahin düsen, ganze Schiffe, voll besetzt mit alkoholisierten Jugendlichen, die sich von brüllenden Animatoren über Lautsprecher willenlos manipulieren lassen… Urlaubs-SPASS in Reinkultur!

Am Strand von Vassilikos dagegen sehen wir stille, zufriedene Menschen mit großen schwarzen Mappen am Meeresufer entlang schlendern. Kinder spielen ohne Animatoren und ohne aufwendiges Spielzeug miteinander im Sand oder in den Wellen. Auf den Liegen unter den ausgefransten Schirmen aus Palmblättern werden dicke Bücher gelesen. In dem kleinen Lokal direkt darüber gibt es nur wenige Getränke, eine Eiskiste und 3 von der alten Mama gekochte Tagesgerichte, dafür hat man aber den schönsten Blick auf das endlose Farbenspiel von Meer und Himmel. Und an einem der Nebentische klimpert einer der Stammgäste, ein griechischer Liedermacher, leise und versonnen neue Melodien auf seiner Gitarre, während drei Hunde und mehrere Hühner um seine und unsere Beine streichen…

Das Geheimnis von Vassilikos ist sehr einfach: Die Menschen, die hierher kommen, sind mit sich und der Welt zufrieden, weil sie schöpferisch tätig sind! Sie malen, singen, tanzen, dichten, trommeln, machen Sport und Yoga, erforschen die Gegend oder spielen Theater. Die meisten von ihnen sind oder waren Teilnehmer der Sommerakademie, die ein österreichischer Anwalt vor mehr als einem Vierteljahrhundert gegründet hat, um einigen Künstlern, die in dem verschlafenen Küstendorf den Sommer verbrachten, zu einer bezahlten Beschäftigung zu verhelfen. Zwischen Mai und Oktober kommen seither Woche für Woche Erwachsene und Kinder, um begleitet von Künstlern/Kunsttherapeuten in entspannter Atmosphäre ohne Druck oder Zwang ihre schlummernden Talente zu entfalten. Ihre Begeisterung lässt eine Atmosphäre echter FREUDE entstehen, die auch von den griechischen Gastgebern geschätzt und gewürdigt wird.

Ich habe auf dieser Insel viel gelernt, vor allem den himmelweiten Unterschied zwischen SPASS und FREUDE. Diese beiden Begriffe werden irreführender Weise oft wie Synonyme verwendet, doch bei näherer Betrachtung erweisen sie sich als absolut unvereinbar. Die Nachbardörfer auf der Insel Zakynthos sind ein anschauliches Beispiel dafür: Wer sich für den Urlaubs-Spass entscheidet, entscheidet sich damit automatisch gegen die Urlaubs-Freude und umgekehrt – passives Bespasstwerden von außen und aktives Erkunden der eigenen innersten Bedürfnisse schließen einander aus…

Wieder und wieder bekomme ich in Diskussionen mit Kritikern des Freilernens das Argument an den Kopf geworfen, dass aus Kindern, die immer nur tun, was ihnen Spass macht, doch nichts werden kann! Diese Kritiker reagieren einigermaßen verblüfft, wenn ich ihnen aus ganzem Herzen zustimme ;-)) Und manche hören mir sogar weiter zu, wenn ich erkläre, wieso:

weil Kinder schon JEMAND SIND und nicht ETWAS (!?) WERDEN müssen. Und
weil SPASS mit freiem Lernen gar nichts zu tun hat! Spass dient nur als Ausgleichsventil für Kinder, die ständig unter Druck gesetzt werden – lautstark muss sich dann natürlich in Schulpausen oder Ferien ihre unerträgliche Anspannung entladen. Gleiches gilt für den Urlaub im „normalen“ Arbeitsleben…

Freilerner dagegen sollen FREUDE erfahren dürfen, und die Freude ist ein Kind der Muße – sie lässt sich nicht organisieren, nicht kaufen, nicht erzwingen und nicht gesetzlich verordnen. Echte Freude ist eine sehr ernste Sache und bedarf zudem einer besonderen Atmosphäre der Freiheit und Geborgenheit, um sich entfalten zu können: Ernst und Freude, Freiheit und Geborgenheit – gleich zwei Widersprüche, zwei Paradoxa in einem Satz! Da steigt der reine Rationalist natürlich aus, denn sein ängstlicher Verstand teilt die Welt fein säuberlich in schwarz-weiße Gegensatzpaare ein, die einander definitionsgemäß ausschließen müssen.

In noch unverbildeten Menschen dagegen breitet sich ein warmes Gefühl der Vollständigkeit aus – die scheinbaren Gegensätze vereinen sich in ihrem Geist zu den zwei Seiten einer Medaille! Spürt einmal selber nach: Kann ich Geborgenheit empfinden, wenn mich jemand in seinen Armen hält, ich aber nicht sicher sein kann, dass er/sie mich sofort wieder loslässt, wenn ich das will? Kann ich mich wirklich frei fühlen, solange ich ausgesetzt und ohne Zufluchtsmöglichkeit bin?

Nicht anders ist es mit den scheinbaren Gegensätzen Ernst und Freude: Wir brauchen nur den kleinen Kindern zuzuschauen – nichts ist so freudvoll und zugleich so ernsthaft wie das selbstvergessene Spiel der Kinder! Es erfüllt sie vollkommen, sie fühlen sich eins mit sich und der Welt und brauchen nicht mehr zu ihrem Glück, als dass sie niemand stört bei ihrem Spiel… DAS ist Freilernen – ein anderes Wort für LEBEN, für selbstbestimmtes, ernsthaftes und freudiges Weiterwachsen in Freiheit und Geborgenheit!

Genau das wünschen euch herzlich für den Monat August sowie den Rest eures Lebens… Alexandra und Sibylle

Juni 2016

Juni 2016


Liebe Scholé-Freunde,

viele von euch haben Anteil am Schicksal von Frau X. und ihrem hoch sensiblen Sohn genommen: Die Mutter hat zu ihrer großen Erleichterung inzwischen eine schriftliche Bestätigung von der Schulbehörde erhalten, dass der Bub nicht mehr zur Schule gehen muss. Die Psychiaterin hat auf meinen Brief nie geantwortet, und das Jugendamt hat nichts mehr von sich hören lassen…

Einer befreundeten Ärztin, die längere Zeit als Schulärztin tätig war, möchte ich an dieser Stellt herzlich danken für einen sehr hilfreichen Buchtipp: DAS HOCHSENSIBLE KIND von Dr. Elaine Aron. Es ist ein gut lesbares, wissenschaftlich fundiertes Buch, verfasst von einer Psychologin, die jahrzehntelang zu dem Thema geforscht hat, Mutter eines hoch sensiblen Sohnes und selbst natürlich ebenfalls hoch sensibel ist. Interessierte Leser erfahren, an welchen Merkmalen diese Kinder zu erkennen sind, was sie brauchen, was sie geben können, was sie absolut nicht vertragen und vor welchen besonderen Herausforderungen „normale“ Eltern oder Lehrer stehen, die sich unerwartet mit einem „mimosenhaften“ Kind konfrontiert sehen, das in ihr Erziehungsschema einfach nicht passen will.

Normen werden natürlich von der Mehrheit gesetzt, doch die Minderheit der schätzungsweise 15% bis 20% hoch sensiblen Kinder haben trotzdem oft die Nase vorn, sofern sie beschützt und respektiert werden und ihre speziellen Fähigkeiten ausleben dürfen. Diese Fähigkeiten – Mitgefühl, Achtsamkeit, Intuition, Kreativität und Unbestechlichkeit – werden so dringend gebraucht wie nie zuvor, denn die rücksichtslos fortschreitende Ökonomisierung aller Lebensbereiche bedroht längst den gesamten Planeten.

Hoch sensible Kinder weigern sich, Dinge zu tun, deren Sinn sie nicht verstehen. Sie stellen unbequeme Fragen und beharren auf ehrlichen Antworten. Mit Belohnungen und guten Noten sind sie nicht zu ködern, sie wollen einfach sie selbst sein dürfen und überhaupt nicht bewertet werden. Sie sind auch nicht ehrgeizig im herkömmlichen Sinn, denn Konkurrenz und Wettbewerb widersprechen ihrer natürlichen Neigung zur Kooperation. Oft wirken sie verträumt, demotiviert und verloren, doch wenn sie von einer Sache überzeugt sind, entwickeln sie manchmal Kräfte, die ihnen keiner zugetraut hätte, und beweisen außergewöhnliches Durchhaltevermögen.

Das Projekt Scholé ist natürlich in erster Linie für solche Kinder gegründet worden. Sie sind die geborenen Freilerner! Dank Elaine Aron können wir uns zum Glück nun auch auf wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse und Statistiken berufen. Das ist sehr günstig, denn die Zahl hoch sensibler Kinder scheint tendenziell zu steigen, und die Krise unseres Schulsystems, das mit diesen Kindern oft besonders überfordert ist, lässt sich auch als Chance für die Erprobung gänzlich neuer Formen des Lebens und Lernens interpretieren. Tatsächlich sprießen sie seit 2013 ja auch wie Schwammerln aus dem Boden! Und damit wird ein neues Kapitel aufgeschlagen:

In Umgebungen, wo sich hoch sensible Kinder gesehen und gewürdigt fühlen, sind immer wieder Phänomene zu beobachten, die den engen Rahmen der herkömmlichen Wissenschaft sprengen. Letztes Wochenende war ich bei Genia Lackey im Waldviertel, wo Alexander Schatanov mit Kindern und Erwachsenen die Bedeutung alter KINDERSPIELE praktisch erforscht hat. Am 3. Tag haben wir in verteilten Rollen das Märchen gespielt, das die Teilnehmer an dem Workshop im April gemeinsam verfasst hatten – eine äußerst erhellende und lustvolle Erfahrung! Spielleiter war ein neunjähriger Freilernerbub, der Ahnen, Elfen und Zwerge zu Hilfe rufen kann, wenn – so wie an diesem Wochenende – energetische Belastungen „in der Luft liegen“. Das macht er sicher seit langer Zeit, aber seit dem Workshop mit Schatanov hat er eine SPRACHE dafür gefunden: Er kann seine Wahrnehmungen nun in Worte fassen, weil er endlich von Erwachsenen umgeben ist, die ihm aufmerksam und bereitwillig ZUHÖREN und GLAUBEN! Schatanov möchte in seinem ukrainischen Verlag übrigens eines der selbst geschriebenen und illustrierten Bücher dieses speziell begabten Neunjährigen herausbringen, in dem er von Wesen auf dem Mars erzählt… Geplant ist eine dreisprachige Ausgabe in deutsch, russisch und englisch!

Drei Tage später habe ich bei einer kinesiologischen Sitzung ein intellektuell hoch begabtes siebenjähriges Mädchen kennengelernt, die es in der Schule nicht aushält, obwohl sie schon eine Klasse überspringen durfte. Im Laufe der Sitzung kam heraus, dass es nicht in erster Linie um die intellektuellen Ansprüche des Kindes geht, sondern um dessen seelische und geistige Bedürfnisse, für die im Schulalltag schlicht kein Platz ist. Das Mädchen reagiert mit hilflosem Zorn, weil sie sich – so versuchte ich es der Mutter drastisch zu erklären – dort als „intelligentes Säugetier“ behandelt fühlt! Bei mir dagegen spürt sie, dass ich sie sehe und freudig annehme, wie sie ist, deshalb hat sie erstmals Worte für ihre inneren Erlebnisse gefunden: In einer anderen Welt, so erzählte mir das kleine Mädchen vertrauensvoll, liegt ein ganz, ganz großes Paket Liebe für sie bereit. Und wenn sie traurig oder verzweifelt ist, dann bekommt sie ein kleines Päckchen davon – genau so viel, wie sie gerade benötigt, um mit ihrer Angst oder Wut fertig zu werden. Aus der Anderswelt wird es ihr von einem Soldaten überbracht, der das Liebespäckchen aus seiner geöffneten Brust herausholt und ihr überreicht…!

Welch ein Geschenk, solchen Kindern begegnen zu dürfen!!

Der Colearning Space hat gestern mit einer berührenden Theateraufführung der Kinder den erfolgreichen Abschluss des ersten Jahres gefeiert. Die amtlichen Prüfungen haben sowohl die Kinder als auch die jüngsten Lernbegleiter bestens bestanden, vor allem aber sind alle in diesem Jahr über sich hinausgewachsen. Das Gründungs-Trio Florence Holzner, Stefan Leitner-Sidl und Roland Dunzendorfer und die ebenfalls ehrenamtlich tätigen Lernbegleiter und Lernbegleiterinnen haben sich einen riesengroßen Lorbeerkranz verdient! Was sie geleistet haben, kann nur jemand ermessen, der miterlebt hat, mit wie viel Mut, Zuversicht, Hingabe, Aufrichtigkeit und unerschütterlichem Gemeinschaftsgefühl sie alle Schwierigkeiten gemeistert und in jeder Hinsicht Neuland erobert haben! http://www.co-vienna.com/de/leute/die-colearner/ Unter diesem Link könnt ihr ein Interview mit Stefan lesen.

Wir wünschen euch und allen Kindern eine wunder-volle Ferienzeit!

Alexandra und Sibylle

Mai 2016

Mai 2016


Liebe Scholé-Freunde,

Diese Woche habe ich eine Freilerner-Mutter zur psychiatrischen Überprüfung begleitet – klingt schlimm, nicht wahr? Ist es auch, finde ich. Weil Beispiele mehr sagen als theoretische Abhandlungen, möchte ich euch über dieses Erlebnis berichten: Es stellt exemplarisch dar, wie es hochsensitiven Kindern und ihren Eltern nur allzu oft ergeht.

Die Sache begann damit, dass das 3. Kind dieser Frau, ein bildschöner, intelligenter blonder Bub, in allen „Anstalten“, egal ob Kindergarten, öffentliche Schule oder private Montessorischule, von manchen Kindern immer wieder gehänselt und geschlagen wurde: Neckten sie ihn, drehte er sich um und ging. Rempelten oder verprügelten sie ihn, wehrte er sich nicht, sondern begann zu weinen. Diese für einen Buben „nicht normalen“ Reaktionen stachelten die Aggressivität der Angreifer noch weiter an. Auch die Lehrer, deren bewährte Schlichtungsmethoden kläglich versagten, befanden entnervt, der Schüler müsse eben endlich lernen, sich zur Wehr zu setzen, im Leben würde er sonst ja auch nicht zurechtkommen…

Der Bub wollte das aber nicht lernen. Er entwickelte alle möglichen körperlichen Symptome und brach in Tränen aus, wenn er zur Schule gehen sollte. Die Mutter ließ nichts unversucht, was Psychologen und Pädagogen ihr rieten, um das Kind endlich „schultauglich“ zu machen. In der 5. Schule arbeitete sie sogar unentgeltlich als Hilfslehrerin mit, um ihm nahe zu sein und so seine Angst zu lindern. Doch es half alles nichts. Als er 12 war, diagnostizierten seine Therapeuten eine schwere Soziophobie, also krankhafte Menschenangst. Dank dieser Diagnose konnte ihn die Mutter während des laufenden Schuljahres zum häuslichen Unterricht abmelden.

Um sich vom Vorwurf des Mobbings an ihren Schulen rein zu waschen, äußerten 2 der betroffenen Direktorinnen den Verdacht, die Mutter könnte für den Zustand des Buben verantwortlich sein. Daraufhin forderte das zuständige Jugendamt ein psychiatrisches Gutachten über die Mutter, ausgestellt von einer amtlich dazu befugten Spezialistin. Ich konnte Frau X. überzeugen, um des lieben Friedens willen auf diese Forderung einzugehen, und versprach ihr, sie wieder zu begleiten. Was ich für eine ärgerliche Formalität gehalten hatte, sollte sich jedoch als Bumerang erweisen… Ich bin sehr froh, das persönlich miterlebt zu haben, weil es in der Nussschale die Unerbittlichkeit eines auf Konkurrenz- und Problemdenken fixierten Gesellschaftssystems zeigt.

Die Psychiaterin begrüßte Frau X. mit einem betont herzlichen Lächeln und bemühte sich, mich zu übersehen. Als Frau X. mich als ihre Begleitperson vorstellte, meinte die Ärztin irritiert, sie wäre doch keine Feindin! Laut Auskunft eines Juristen seien Begleitpersonen aber jederzeit erlaubt, entgegnete die Mutter. Nein, hier handle es sich nicht um eine „normale“ Konsultation, sondern um einen Auftrag des Jugendamts, weshalb ich draußen bleiben müsse.

Weiterhin um Frieden bemüht, blieb ich weisungsgemäß im Wartezimmer sitzen und wurde erst hereingebeten, als es um das Freilernen ging. Meinen Schilderungen über die wachsende Gemeinschaft der Freilernerfamilien und die erwiesenen Vorteile freien Lernens, gerade für hochsensitive Kinder wie den Sohn von Frau X., folgte die Ärztin mit immer eisiger werdender Miene. Die Maske der Freundlichkeit zerbrach endgültig, als ich zu sagen wagte, dass in jedem Kind besondere Begabungen steckten. „Na, das hören Eltern sicher gerne!“ warf sie höhnisch ein. Dann wurde ich gleich wieder hinausgeschickt, denn ich hatte die unbotmäßige Frage gestellt, wie denn der Auftrag des Jugendamtes an sie laute? Diese Frage sei nur unter vier Augen zu beantworten…

Die Frage wurde Frau X. natürlich auch unter vier Augen nicht beantwortet, stattdessen verlangte die Psychiaterin, dass sie zum nächsten Termin mit ihrer gesamten Familie bei ihr erscheine! DAS GEHT ENTSCHIEDEN ZU WEIT, fand ich und schrieb am nächsten Morgen folgenden offenen Brief:

Sehr geehrte Frau Doktor,

Als erstes möchte ich klarstellen, was mich dazu motiviert, Frau X. und andere Eltern hochsensitiver Kinder zu amtlich verordneten Terminen wie dem gestrigen zu begleiten: Ich trage damit meine Dankesschuld gegenüber jenen Menschen ab, die mir ebenso freiwillig und unentgeltlich ihre Hilfe angeboten haben, als ich mit meinen eigenen Kindern in vergleichbaren Schwierigkeiten war. Ich habe meinen Beruf als Lektorin aufgegeben, um meine Kinder zu begleiten, die mit dem Schulstoff unterfordert, mit dem sozialen und psychischen Druck des Schulalltags hingegen überfordert waren.

Und obwohl seither fast 20 Jahre ins Land gegangen sind, stelle ich mit Erschrecken fest, dass Schul- und Behördenvertreter nach wie vor meist mit Angst und Abwehr reagieren, wenn sie mit Kindern zu tun haben, die das „normale“ Maß an Wissen, Empathie, Sensibilität und Gerechtigkeitssinn nicht UNTER- sondern ÜBERSCHREITEN! Nicht besser geht es Eltern, die das „normale“ Maß an Fürsorge und Einfühlungsvermögen für ihr Kind ÜBERschreiten, selbst wenn es sich, wie bei Frau X., um eine gesunde, glücklich verheiratete, in „geordneten” Verhältnissen lebende, erfahrene Mutter handelt, die zudem 8 Jahre lang den Beruf einer Tagesmutter ausgeübt hat, monatelang in einer Schule gearbeitet hat usw., d.h. weit ÜBERdurchschnittliche Erfahrungen mit Kindern hat!!!

Meine Frage, worin eigentlich Ihr Auftrag besteht, haben Sie auch Frau X. nicht beantwortet, obwohl ich Ihre Aufforderung, das Zimmer zu verlassen, weil diese Frage nur unter vier Augen zu beantworten sei, brav befolgt habe.

Was hat Sie dazu bewogen, Frau X. nochmals mit ihrer ganzen Familie zu sich zu bestellen? Und deren verständliche Empörung über diese neue Forderung als Indiz dafür zu interpretieren, dass mit ihr etwas nicht in Ordnung sein muss, wie Ihren Worten und Ihrer Miene ja überdeutlich zu entnehmen war??

Als Expertin für Kinder- und Jugendpsychologie können Sie doch nicht ernstlich befürworten, dass Frau X. ihre erwachsenen Kinder, die beide erfolgreich die Schule absolviert haben und längst ausgezogen sind, in die Probleme mit einbezieht, die der hochsensitive kleine Nachzügler-Bruder mit Schule und Jugendamt hat?! Als fürsorgliche Mutter versucht Frau X. die älteren Kinder, die selbstständig und mit ihren eigenen Berufs- und Beziehungsfragen voll ausgelastet sind, natürlich davon frei zu halten, so gut es geht!! Und was den Vater betrifft, hegt sie die leicht begreifliche Sorge, dass ihm nach all den Zumutungen, denen seine Frau und sein Sohn bereits ausgesetzt waren, irgendwann der Kragen platzt… was einer friedlichen Lösung möglicherweise auch nicht förderlich wäre!

Dem folgenden Absatz aus einem Internet-Eintrag über hochsensitive Kinder können Sie entnehmen, dass dieser „Fall“ kein Einzelfall ist. Schätzungen zufolge sind 10% bis 15% der Bevölkerung überdurchschnittlich sensibel, was ein Grund zur Freude sein könnte, wenn es gelingt, mit diesen Menschen so umzugehen, dass sie ihre Talente (die unsere Erde dringend braucht!!!) frei entfalten können. In den Schulen werden sie es wahrscheinlich erst dann aushalten, wenn gewaltfreie Kommunikation dort als Pflichtübung für Erwachsene und Kinder selbstverständlich geworden ist. Bis dahin sehe ich keine andere Lösung als das FREILERNEN, das ich eben deshalb auch weiterhin unterstützen und fördern werde, so gut ich kann.

▪ Integrationsprobleme, Aussenseiterprobleme, Mobbing: Hochsensible Kinder fallen manchmal auf und werden durchschnittlich häufiger Opfer von Aggressionen und Mobbing. Sie sind beliebte Angriffsopfer, da sie intensiv reagieren (z.B. schneller weinen), dadurch bieten sie den andern ein “Schauspiel”; zudem sinnen sie seltener auf Rache. Bei grösseren Kindern kann dies auch über die sozialen Medien geschehen (Facebook etc.) und schlimme Formen annehmen. Wenn Sie bei einem hochsensiblen Kind eine Isolierungstendenz feststellen und merken, dass es häufig ausgeschlossen wird, warten Sie bitte nicht zu lange und teilen Sie dies den Eltern mit, da so eine Situation einen grossen Leidensdruck verursachen kann. Ein hochsensibles Kind braucht normalerweise keinen Zugang zu einer grossen Gruppe, sondern ist mit einem guten Freund, einer guten Freundin zufrieden.

Mit der Bitte, beim Jugendamt einen sofortigen Abschluss dieses entwürdigenden Überprüfungsverfahrens zu befürworten, und freundlichen Grüßen. Alexandra Terzic-Auer

Ich hoffe, ihr könnt mitfühlen, wie es der Mutter geht, die nun entschlossen ist, sich von den Ämtern nichts mehr vorschreiben zu lassen! Dem Buben geht es zum Glück gut, seitdem er zu Hause bleiben darf – er hat ein paar Kilo zugenommen und beginnt sich seines Lebens wieder zu freuen…

Seid herzlich gegrüßt Alexandra

April 2016

April 2016


Liebe Scholé-Freunde,

Mein April-Bericht verspätet sich, weil in diesem Monat so viel geschehen ist! Als erstes möchte ich von einer Jahresprüfung berichten, bei der ich als Zaungast dabei sein durfte. Kaum etwas dominiert die Diskussion um das Freilernen so sehr wie das brisante Thema Jahresprüfungen… Es sorgt für endlosen Diskussionsstoff in den Familien und löst oft völlig irrationale Ängste aus. Ich persönlich bewundere die wenigen Eltern, die sich davon überhaupt nicht beeindrucken lassen, sondern die Entfaltung ihrer Kinder fördernd begleiten, ohne den Segen einer Behörde dafür zu brauchen. Es freut mich aber auch, dass viele Freilernerkinder diese Prüfungen sehr wohl absolvieren, denn die Bedenken der Zweifler können am besten natürlich durch handfeste Beweise entkräftet werden!

An einem sonnigen Apriltag habe ich also in der Integrativen Lernwerkstatt Brigittenau, einer berühmt reformfreudigen öffentlichen Volksschule, die Gruppenprüfung von 9 Kindern miterlebt, die mit ihren Eltern und ihrer Lernbegleiterin aus dem Waldviertel angereist waren. WINGS heißt die Freilernergruppe, die von Eugenia Lackey und ihrem Mann erst im Herbst vorigen Jahres in Allentsteig gegründet worden ist.

In dem Klassenzimmer, wo die Prüfung stattfindet, sucht sich jedes Kind einen Platz, die Eltern warten draußen. Genia begrüßt die beiden Prüfer, einen Lehrer und eine Lehrerin. Dankbar, dass die beiden diese Mühe freiwillig auf sich nehmen, obwohl die Bezahlung nur wenige Euro pro Prüfling beträgt, hat sie ihnen einen Geschenkkorb mitgebracht: von den Kindern selbst gebackene Kekse, Pflänzchen aus ihrem Garten und Kräutertees. Dann befestigt Genia die mitgebrachten Schaubilder – mit den Kindern angefertigte Plakate zu verschiedensten Themen – ringsum an den Wänden.

Die Prüfung beginnt mit Singen und Tanzen in drei Sprachen – englisch, deutsch und russisch (Genia ist gebürtige Russin, ihr Mann, ein Musiker, Amerikaner). Als die beiden Lehrer sich spontan in den Kreis einreihen und mitmachen, so gut sie können, ist das Eis gebrochen. Genia lächelt erleichtert, denn die Stimmen der Kinder klingen nun plötzlich viel lauter und klarer… Als nächstes präsentieren die älteren Kinder (3. und 4. Klasse) eines nach dem anderen ihre Schaubilder zu selbst gewählten Themen – Saurier, Hühner, Wind, Wald, Stabheuschrecken. 10 bis 20 Minuten sprechen sie frei über all das, was sie auf ihrem Schaubild zusammengefasst haben. Am meisten beeindruckt mich eine kleine Bauerntochter, die in schönstem Waldviertlerisch über Hühnerrassen, die Entwicklung der Küken, Fütterung, Unterbringung und x weitere nie gehörte Details der Hühnerhaltung spricht, als hielte sie eine Vorlesung an einer Fachhochschule! Auf ihrem Plakat klebt unter anderem ein Foto von einem rostigen alten Auto – was ist denn das? Der heimische Hühnerstall!

Auch die anderen Referate sind so professionell und ausführlich, dass die beiden Lehrer, die manchmal Zwischenfragen stellen und immer wieder beifällig nicken, beim letzten schon besorgt auf die Uhr schauen, weil ihr Zeitplan durcheinander gerät. Die nächsten 3 Stunden beschäftigen sich die Kinder konzentriert mit den ausgeteilten Zetteln – je nach Altersgruppe Additionen, Divisionen, Ergänzen fehlender Wörter, Bestimmen von Wortarten und Satzteilen. Genia legt den Lehrern die Mappen vor, in denen die Aufsätze, Zeichnungen und Übungen jedes Kindes gesammelt wurden. Die Stimmung ist unverändert positiv, obwohl doch alle schon ziemlich müde sein müssen – kein einziges Kind quengelt oder jammert! Nach fast 5 Stunden muss ich gehen und erfahre daher erst am nächsten Tag, dass alle Kinder bestanden haben – Notendurchschnitt 1,1.

Ich freue mich mit Genia und den Eltern über dieses Ergebnis, obwohl es völlig unerheblich ist im Vergleich zu den Dingen, für die es keine Schulnoten gibt: Selbstbewusstsein, Verständnis für andere, innere Stärke, Wissen um die eigenen Fähigkeiten, praktische Fertigkeiten wie Balancieren, Gärtnern oder Nähen. Davon konnte ich mich einige Tage danach bei einem Besuch der WINGS in Allentsteig mit eigenen Augen überzeugen! Unter www.wings-genial.org findet ihr weitere Informationen über dieses großartige Projekt und die Aktivitäten, die dort angeboten werden. Unter anderem will Alexander Schatanov Mitte Juni gemeinsam mit Genia ein buntes dreitägiges Programm für Eltern und Kinder zusammenstellen – mit Wanderungen, Spielen, Geschichten und Gelegenheit zu Austausch und Reflexion für die Erwachsenen.

Letzte Woche hat auch die erste Partie der Colearning-Kinder die Jahresprüfung bestens bestanden, ebenso wie einige weitere Freilernerkinder aus meinem persönlichen Bekanntenkreis. Sie alle hoffen, dass sie auch im nächsten Jahr Prüfer finden werden, die der Sache des Freilernens prinzipiell aufgeschlossen gegenüberstehen, denn damit steht und fällt die Motivation der Kinder! Geraten sie bei der Prüfung nämlich an Lehrer, die ihnen mit Misstrauen und Ablehnung begegnen, kann das so dramatische Auswirkungen auf den Gemütszustand der Kinder haben, dass die Eltern sie einer solchen Belastung nicht noch einmal aussetzen wollen. Auch das habe ich leider schon miterlebt… Um so größer ist meine Dankbarkeit für jene Prüfer, die den Kindern respektvoll begegnen und dafür mit Erlebnissen belohnt werden, die ihren Schulalltag auf ungeahnte Weise bereichern!

Fortsetzung folgt… herzlichste Frühlingsgrüße Alexandra und Sibylle

März 2016

März 2016


Liebe Scholé-Freunde,

Damit sie nicht untergeht, stelle ich an den Beginn unsere herzliche Einladung zum 2. Workshop mit dem Quantenphysiker und Bewusstseinsforscher Dr. Alexander Schatanov an dem WE 23./24. April im Colearning Space in der Hofmühlgasse 17!

Schatanov kommt als Pionier einer völlig neuen Zugangsweise zum Lernen: Ausgehend von quantenphysikalischen Phänomenen, die unser materialistisches Weltbild sprengen, suchte und fand er vergleichbare Phänomene bei „Hellsichtigen“ und bei Kindern, deren geistige Kapazitäten noch nicht eingeengt waren auf eine rein rationale Vorstellungswelt. Wäre es nicht hoch an der Zeit, dass die Menschen ihr ungenutztes Potential entdecken? Noch streiten die Gehirnforscher, ob es 96 oder „nur“ 90 Prozent sind, die wir bisher ungenutzt ließen…! Wie schon bei seinem 1. Besuch wird Schatanov über neueste Forschungsergebnisse berichten, praktische Übungen zur Aktivierung der „inneren Sinne“ anleiten und erstmals auf die bedeutsame Rolle der Mythen zu sprechen kommen, die unbemerkt unser Bewusstsein konditionieren: Er wird diesmal MÄRCHEN mitbringen, die ganz andere Saiten in uns zum Klingen bringen als die auf Konkurrenz, Kampf und Sieg beruhenden Geschichten, die wir von Kindheit an täglich in verschiedensten Variationen – bewusst oder unbewusst – in uns aufnehmen!

Was hat sich in den vergangenen Wochen alles getan?

Begeisterte Freilerner-Eltern sind zusammen gekommen, um ein Buch über ihre Erfahrungen zu schreiben. Gudrun, von der die Idee ausging, hat sogar zu einem privaten Creative Writing Workshop eingeladen, um alle Schreibwilligen zu ermutigen, ihre ganz persönlichen Erfahrungen zu Papier zu bringen: Es gibt, denke ich, keinen besseren Weg, interessierten Menschen Einblick in diese noch sehr exotisch wirkende Lebensform zu geben, die doch die allernatürlichste ist! Wie alles in der Natur ist sie aber auch von unerschöpflicher Vielfalt und in ständiger Weiterentwicklung begriffen, weshalb man ihr mit abstrakten Theorien sowieso niemals gerecht werden könnte… Wann unser Buch das Licht der Öffentlichkeit erblicken wird, steht noch in den Sternen, einstweilen sammeln sich immer mehr wunderschöne Einzelbeiträge an, die es dann zu einem organischen Ganzen zu vereinen gilt.

Im Colearning Space – den es nun genau 6 Monate gibt! – hat das Experimentieren mit bisher unerprobten Formen des Miteinander-lernens-und-lebens ganz neuen Schwung bekommen, seit es Stefan und Florence durch geduldige Verhandlungen mit offiziellen Stellen gelungen ist, den Jahresprüfungen ihren Schrecken zu nehmen. Die Kinder werden darstellen, was sie im Laufe dieses Jahres gemacht haben, und so heißen auch diese Prüfungen intern nun „Übergabe“ und unterscheiden sich damit prinzipiell nicht mehr von den Schaubild-Übergaben zu verschiedensten Themen, wie sie im CLS jede Woche stattfinden. Auch über den Besuch im Naturhistorischen Museum, bei dem ich mit war, haben die Kinder Schaubilder gemacht, auf die ich schon sehr gespannt bin: Was haben sie tatsächlich mitgenommen? Was hat sie am meisten fasziniert und zu welchen eigenen Überlegungen hat es sie angeregt? Was werde ich selbst daraus Neues lernen – über Museen, Kinder, Lernverhalten, Zugänge zur Natur usw.….?

Auch Organisationen lernen – und zwar manchmal sehr schnell, wie ich vergangene Woche erfahren durfte, als ich eine Mutter auf das Jugendamt begleitete. An einem glühend heißen Tag im letzten Sommer hatte ich so etwas zum ersten Mal gemacht, damals unterstützt von einer lieben Freundin – und bebend vor Zorn: Einer alleinerziehenden Mutter drohte die Kindeswegnahme, während keine einzige öffentliche Stelle sich für die Schule interessierte, die dem schweren Mobbing an ihrem sanften, hoch intelligenten Sohn tatenlos zugesehen hatte… Die Mutter hat ihr Kind behalten und es ist weiterhin Freilerner! Diesmal hatte ich mir aber vorgenommen, die Sache FRIEDLICH zu regeln – und es ist gelungen: Die Beamtinnen (eines anderen Jugendamts) waren anfangs zwar noch misstrauisch, tauten dann aber sehr rasch auf und haben mich zum Schluss mit großer Herzlichkeit zu den Aktivitäten von Scholé beglückwünscht: Es könnte sein, meinten sie, dass sie bald Eltern an uns verweisen würden, denn es landeten immer mehr solche „Fälle“ bei ihnen, mit denen die bestehenden Institutionen total überfordert seien…

Tauwetter – es wird FRÜHLING!

Frohe Ostern und herzlichste Frühlingsgrüße Alexandra und Sibylle

Juni 2016: Rückblick auf 2015

Dezember 2015: Rückblick auf 2015


Liebe Scholé-Freunde,

Das Jahr 2015 war reich an Erlebnissen, Erkenntnissen und neuen Fragen, wenigstens einige davon möchte ich gerne mit euch teilen. Ein sehr interessanter Aspekt sind die Unterschiede zwischen den Kindern, die sich zu Hause frei entfalten dürfen, weil ihre Eltern sich den gesetzlich vorgeschriebenen Jahresprüfungen widersetzen, und den Kindern im Colearning Space, die mit allen Vor- und Nachteilen einer Großgruppe konfrontiert sind und deren Eltern entschieden haben, dass sie sich – nicht nur, aber auch – auf die Jahresprüfungen vorbereiten sollen. Aus größerer Entfernung beobachten Sibylle und ich zudem die interessanten Entwicklungen in den Lais-Schulen (Klagenfurt, Graz, Mödling) und das einzigartige Modell Weinbergschule, wo in einem christlichen Rahmen die Schetininpädagogik erforscht, angewandt und in Kursen weitergegeben wird.

Ihre eindeutig spirituelle Ausrichtung und ihr Internatscharakter machen die Weinbergschule am ehesten mit Tekos vergleichbar. Gemeinsam mit dem Schetininschüler Richard Kandlin haben es die Schulleiter Sonja und Hannes geschafft, ein ausgefeiltes Modulsystem zu entwickeln. Es soll die zahlreichen InteressentInnen aus dem In- und Ausland in ihre Lernmethoden und die besondere Geisteshaltung, die dazu gehört, schrittweise praktisch einführen. (Nähere Informationen dazu findet ihr auf der Homepage www.weinbergschule.at) Seit Herbst ist ein Mädchen dort, das ich gut kenne – an ihrer persönlichen Entwicklung kann ich die bemerkenswerten Effekte dieser ganzheitlichen Pädagogik aus der Nähe mit verfolgen. Am meisten haben alle, die sie kennen, über die neu gewonnene Selbstdisziplin des Mädchens gestaunt, die ihren ausgeprägten Eigenwillen jedoch keineswegs eingeschränkt hat!

Mindestens ebenso sehr beeindrucken mich die Entwicklungen, die ich an den „Frei-Freilernerkindern“ in meinem nächsten Umfeld beobachten kann – in erster Linie ihre Friedfertigkeit und Bescheidenheit! Besonders deutlich zu erkennen ist das bei Geschwistern, die früher, als sie noch in die Schule gingen, bei jeder Gelegenheit streitlustig aufeinander losgingen: Nach einem Jahr zu Hause sind alle drei wie ausgewechselt! Sie kümmern sich umeinander und um die Eltern, teilen alles, was sie haben, und sind dabei so zufrieden, dass ihre Wünsche an die von Bergbauernkindern aus dem vorletzten Jahrhundert erinnern – eine braune Wollmütze, ein Meerschweinchen, ein Zuschuss zu einem Nähkurs… Wenn ich sie sehe, muss ich an Arno Stern denken, der einmal meinte, die meisten Menschen wüssten heute gar nicht mehr, wie echte Kinder sind! Dazu braucht es aber ohne Zweifel Eltern, die so bei sich sind wie Arno Stern oder eben die Eltern dieser Kinder: aufrechte Erwachsene, die jeden Tag mit und von ihren Kindern lernen, vorbehaltlos sie selbst zu sein!

Mit größtem Interesse verfolge ich, auf welche Weise Kinder, denen niemand ein Lehrprogramm vorsetzt, sich Wissen aneignen. Am faszinierendsten sind für die meisten Kinder offenkundig Lebewesen: Ein 8-jähriges Mädchen würde am liebsten täglich in den Zoo gehen, sie zeichnet Tiere, schreibt Tiergeschichten, sittet Hunde, beobachtet stundenlang geduldig die Besucher ihres selbst gebastelten Vogelhäuschens vor dem Fenster und hat sich in letzter Zeit zu einer wahren Vogelexpertin gemausert. Einem Elfjährigen haben es die Bienen angetan, einem Zwölfjährigen die Fische, über die er weit mehr weiß als jeder Maturant. Ihnen allen strahlt die Begeisterung aus den Augen, wenn sie über ihr „Steckenpferd“ erzählen, denn es ist ihr Fenster zur Welt! Für meinen älteren Sohn erfüllte die Eisenbahn die Rolle dieses persönlichen Fensters zur Welt – auf dem Weg über Eisenbahnfahrten, Loks, Waggons, Bahnhöfe, Schaffner, Fahrpläne usw. lernte er noch im Vorschulalter wie von selbst Stadtgeschichte, Geografie, Materialkunde, Lesen, den Umgang mit mehrstelligen Zahlen usw. Die Liebe zur Eisenbahn ist ihm übrigens bis heute erhalten geblieben und hat auch die Wahl seines Studiums bestimmt: Stadt- und Verkehrsplanung…

Aus meinen bisherigen Erfahrungen schließe ich, dass es für jedes Kind ein oder mehrere solche Fenster zur Welt gibt, und ich denke, dass die Erwachsenen gut beraten wären, sich diese Fenster von ihren Kindern zeigen zu lassen, denn von dort geht für das Kind ein unwiderstehlicher Sog aus: Es entwickelt einen Wissensdurst, der sich mit der Zeit ganz von selbst auf zahllose andere Gebiete ausdehnt. Aber was machen die meisten Eltern? Sie lassen sich von Erziehungsfachleuten einreden, was das Beste und Förderlichste für DAS KIND wäre und bemühen sich dann – nach bestem Wissen und Gewissen – ihrem einzigartigen Kind dieses Allerweltsrezept aufzudrängen, anstatt ihm geduldig und einfühlsam abzulauschen, wohin es selber will!

Von einer höheren Warte aus betrachtet illustrieren diese Beispiele unversöhnliche Gegensätze: Selbstbestimmtes Lernen bedeutet KONZENTRATION der Aufmerksamkeit auf die aus dem eigenen Inneren kommenden Impulse. Dieses Lernen ist also identisch mit dem tief ernsten Spiel, wie man es bei Kleinkindern beobachten kann, und nährt sich wie dieses aus der BeGEISTerung. Belehrung hingegen lenkt die Aufmerksamkeit des Belehrten nach außen und wirkt dadurch automatisch ZERSTREUEND.

Unseliger Weise geht die uralte Strategie der Mächtigen, ihre Untertanen durch Zerstreuung und Unter-haltung unten zu halten, nach wie vor wunderbar auf: Die Begriffe Zerstreuung und Unterhaltung wecken bei den meisten Menschen automatisch positive Assoziationen von Lust und Spass, während die Konzentration häufig mit einem MUSS verbunden wird und dadurch von vornherein anstrengend und uncool erscheint! So kommt es auch zu den seltsam widersprüchlichen Bestrebungen vieler Pädagogen, durch Bespassung die Konzentration fördern zu wollen, was natürlich genauso zum Scheitern verurteilt ist wie verordnete Kreativität…

Die Lais-Ausbildung bemüht sich, Erwachsenen den Unterschied zwischen diesen beiden Formen des Lernens praktisch erfahrbar zu machen. Jeder erlebt dabei beglückende Aha-Erlebnisse, trotzdem aber bleibt die Umsetzung dieser an sich ja „natürlichen“ Haltung in unsere alltägliche Lebensrealität eine gewaltige Herausforderung, weil wir alle völlig anders programmiert wurden: Über unzählige Generationen haben wir verinnerlicht, dass die jeweiligen Vorgesetzten schon wissen, was uns gut tut. Dass wir klein, hilflos und abhängig sind. Dass wir ohne die Zustimmung von Fachleuten nichts unternehmen dürfen. Dass es frevelhaft wäre, sich gegen etwas aufzulehnen, was doch immer schon so war. Dass eigene Impulse nicht ernst zu nehmen sind, denn da könnte doch ein jeder kommen…! Usw.usf.

Aus diesem Dilemma kommen wir nur heraus, wenn es uns gelingt, gegen alle Widerstände einer materialistischen Umwelt an die übergeordnete Realität des Geistes zu glauben: Das ist eine freie, ganz persönliche ENTSCHEIDUNG, die jeder Mensch für sich trifft, oder eben nicht. Da gibt es keinen Guru, der die Verantwortung übernimmt, keine spezielle Ausbildung, die einen darauf vorbereitet, kein Diplom, das einen dazu ermächtigt. Wer diesen Schritt wagt, tut es aus einer inneren Gewissheit heraus, aus seinem persönlichen Erleben einer Sehnsucht, die anders nicht zu stillen ist, innerer Freude und Freiheit, wie sie nirgendwo sonst zu finden sind.

Es begeistert mich, dass ich immer mehr Menschen kennenlerne, die ebenfalls bereit sind, diese grundsätzliche Entscheidung zu treffen und damit die Verantwortung für ihr eigenes Wohl und für das ihrer Kinder und ihrer Mitmenschen in die eigenen Hände zu nehmen, anstatt sich auf die dafür „zuständigen“ Institutionen zu verlassen. Ihr Mut wird durch Erlebnisse belohnt, die bisher als Wunder galten – und das wiederum beweist, dass sie auf der Skala der Menschheitsentwicklung ein Stückchen vorangekommen sind, denn, wie Augustinus so schön sagt: „Das Wunder ist nicht ein Widerspruch zu den Naturgesetzen, sondern ein Widerspruch zu dem, was wir von diesen Gesetzen wissen.“

In diesem Sinne lade ich euch nochmals herzlich ein, in der letzten Jännerwoche an den Kursen von Irina Lang (Genaueres im Anhang als Word-Dateien) teilzunehmen! Sie ist in diesen neuen, noch kaum bekannten Gebieten des Wissens über die Natur des Menschen schon zu Hause und besitzt die seltene Fähigkeit, anderen Menschen ihre Einsichten auf der Herzensebene zu übermitteln! Wer mit Kindern zu tun hat, dem möchte ich vor allem ihren neuen Kurs „Was brauchen die Kinder der neuen Zeit?“ empfehlen, in dem sie ihre eigenen langjährigen Erfahrungen als Heilpädagogin mit altem slawischen Erfahrungswissen verbindet. Bitte beachten: Sibylle, die um Anmeldung bittet, hat eine neue Mailadresse – eisenburger.sibylle@gmail.com

In Vorfreude auf die Überraschungen des Jahres 2016 grüßen wir euch herzlich Alexandra, Sibylle und Melanie

November 2015: Global Scaling, Arno Stern-Fest

November 2015: Global Scaling, Arno Stern-Fest


Liebe Scholé-Freunde,

Dieser Herbst hat uns eine so reiche Ernte beschert, dass wir kaum nachgekommen sind mit dem Aufsammeln der Früchte…

Am 2. Oktoberwochenende hat Michael Kauderer, der in der Sonnenuhrgasse letztes Jahr einen Vortrag über Global Scaling gehalten hat, eine Tagung mit seinem Mentor, dem Mathematiker, Physiker und Philosophen Hartmut Müller in Graz veranstaltet. Thema: INTERSKALARE KOMMUNIKATION. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einem gescheiteren – und mutigeren Menschen begegnet zu sein, denn das wissenschaftliche Establishment hat ihm das Leben zeitweilig sehr schwer gemacht. Hartmut Müller gelingt es, die Phänomene bisher getrennter Wissenschaftsgebiete auf einer vom natürlichen Logarithmus bestimmten Skala einzuordnen, und er erschließt auf diese Weise ungeahnte Zusammenhänge zwischen Zahlentheorie, Musik, Anatomie, Biologie, Kosmologie usw. Wissbegierigen jungen Menschen würde das einen faszinierenden Einstieg in die Geheimnisse der Natur ermöglichen und zugleich unendlich weite neue Forschungsgebiete eröffnen! Also haben Sibylle und ich Hartmut Müller darum gebeten, dass er die Ergebnisse seiner jahrzehntelangen Forschungen in Lektionen unterteilt auf geeigneten Datenträgern zugänglich macht. Soviel wir wissen, wird schon daran gearbeitet!

In Wien erwartete uns der russische Quantenphysiker Alexander Schatanov, der eine ganze Woche bei uns verbrachte. Gemeinsam haben wir den Colearning Space besucht und mit einigen Frei-Freilernerfamilien einen Ausflug zu meiner Schwester nach Spillern gemacht, bevor sein dreitägiger Workshop im Amaté-College begann. Jeder, der ihm begegnete, war beeindruckt von dem tiefen Frieden, den dieser Mann ausstrahlt!

Schatanov war sehr interessiert an den Freilernerinitiaven in Österreich und wird in der Ukraine davon berichten, so wie er uns von den Entwicklungen im Osten erzählte: In seiner derzeitigen Heimatstadt Poltawa arbeitet er vor allem mit Erwachsenen, denn sie sind es, die – wenn nicht bewusst, dann unbewusst – einschränkende Glaubenssätze an die Kinder weitergeben und dadurch deren freie Entfaltung stören. Ein Freund von ihm erarbeitet mit seinen Kindern konkrete Methoden des freien Wissenserwerbs und unterstützt sie bei der Programmierung eines ausgeklügeltes Systems, über das Kinder EINANDER via Internet beim Lernen helfen und Übungsaufgaben füreinander korrigieren können. Wenn hier jemand Interesse daran hat, würden sie das System gerne an uns weitergeben.

Schatanovs Freund und Lehrer, der erst dreißigjährige Dmitri Lapschinov, hat sich von früher Jugend an mit den Körper- und Atemübungen verschiedener geistiger Traditionen der Russen, Inder, Chinesen und Tibeter beschäftigt und daraus ebenso einfache wie wirksame Übungen zur Erweckung der „inneren Sinne“ entwickelt. Einige davon hat Schatanov uns gezeigt, und es gibt erste begeisterte Berichte von Teilnehmern, die sie seither regelmäßig durchführen. Am 10.10. dieses Jahres hat Lapschinov, der selbst seit 4 Jahren weder Nahrung noch Wasser zu sich nimmt, in St. Petersburg eine „Schule“ für hoch sensitive Kinder zwischen 10 Monaten (!) und 8 Jahren gegründet. In Russland wird ungewöhnlichen psychischen Begabungen weitaus mehr Aufmerksamkeit geschenkt als bei uns, was bisher allerdings nicht selten dazu geführt hat, dass besonders sensitive Kinder von den Geheimdiensten zur weiteren Ausbildung übernommen wurden…
An Lapschinovs Schule sollen die Kinder ihre besonderen Gaben frei entfalten und gemeinsam mit anderen sensitiven Menschen vielleicht ganz neue Lösungsansätze für globale Fragen entdecken. Diese Erfahrungen will Lapschinov dann an Interessenten in aller Welt weitergeben. Wir warten gespannt darauf, was Schatanov uns bei seinem nächsten geplanten Besuch im April darüber berichten wird!

Letzten Freitag haben wir STERNSTUNDEN erlebt! Das Überraschungsfest für den 91-jährigen Arno Stern in der Nationalbibliothek, zu dem auch Frau, Sohn, Schwiegertochter und Enkel nach Wien kamen, hat mehr als 250 Gäste angezogen und war trotzdem ein sehr persönliches Ereignis, wie uns sowohl der Geehrte selbst als auch viele Teilnehmer bestätigt haben. Es war tief berührend, den alten Herrn mit ungebrochener Energie über sein neues Buch „Das Malspiel und die Kunst des Dienens“ reden zu hören und später zu beobachten, wie tief ihn Beethovens Musik (opus 135) berührte, die vom Haydn-Quartett virtuos gespielt und von seinem fünfjährigen Enkel Antonin enthusiastisch dirigiert wurde… Eine nachmittägliche Führung durch die Nationalbibliothek, die Laudatio von Gerald Hüther, die persönlichen Worte von André Stern, ein Filmportrait von Erwin Wagenhofer und ein köstliches veganes Buffet haben dazu beigetragen, dass dieser Abend „in die Geschichte eingehen wird“, wie Arno Stern am nächsten Tag meinte!

Viele Freilerner fühlen sich der Idee des Malorts stark verbunden, denn das Malspiel befähigt Kinder wie Erwachsene, ihrer inneren Natur zu folgen. Man merkt es an der Ruhe und Friedfertigkeit, die von diesen Menschen ausgeht, und das erweist sich auch im Umgang mit den Schulbehörden als besonders hilfreich: Was sollen Beamte in einem demokratischen Staat denn unternehmen gegen Menschen, die vollkommen friedlich das Menschenrecht auf freie Bildung für ihre Kinder einfordern und sich weigern, sie gegen ihren Willen in die Schule zu schicken?

Im Colearning Space ist nach einem schönen Einweihungsfest am 29.10., zu dem auch viele Besucher von außen gekommen sind, der Alltag eingekehrt. Kinder und Lernbegleiter experimentieren mit verschiedensten Beschäftigungen, es wird geputzt, gekocht, gerechnet, gesungen, getanzt, gebastelt und diskutiert, ein Vater hat mit Improvisationstheater auf Englisch Begeisterung geweckt, und obwohl die Herausforderungen für alle Beteiligten nicht zu unterschätzen sind, gehen sie den Weg frohgemut miteinander weiter.

Ich, Alexandra, persönlich bin nach wie vor überzeugt, dass die Entwicklung der WAHRnehmungsfähigkeit die wichtigste Aufgabe ist. Und das betrifft sowohl die allseits bekannten äußeren 5 Sinne, als auch die inneren Sinne, deren Gebrauch Schatanov erforscht und lehrt. Sie sind jedem Menschen bekannt, der einmal den Blick eines anderen auf seinem Rücken gefühlt hat, der einen Anruf erhielt, als er gerade an den Anrufer dachte, der sich in eine schöne Zukunftsvision hineinzuversetzen vermag oder Erinnerungsbilder vor seinem geistigen Auge nochmals ablaufen lassen kann. Dennoch nützen die meisten Menschen diese Fähigkeiten viel zu wenig, denn es liegt ein TABU darauf. Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich allein in diesem Text mehrmals gegen dieses Tabu verstoßen habe – und ich tue es mit voller Absicht! Denn schon als Studentin in Paris habe ich von dem großen Ethnologen Lévi-Strauss gelernt zu hinterfragen, WEM DIE TABUS NÜTZEN…

herzlichste milde Novembergrüße Alexandra, Sibylle und Melanie

Oktober 2015

Oktober 2015


Liebe Scholé-Freunde,

Ich möchte diesen Brief mit einer kleinen Geschichte beginnen, die sich noch in der Sonnenuhrgasse abgespielt hat, wo der Colearning Space die Zeit bis zum Freiwerden der Hutfabrik überbrückt hat. Auf ganz einfache Weise zeigt sie den Unterschied zwischen MACHEN und GESCHEHEN LASSEN:

Im unteren Raum spielten an einem Vormittag 9 Kinder zwischen 5 und 10 Jahren – zwei kleine Mädchen zeichneten eifrig, die anderen beschäftigten sich mit Kapla-Steinen oder zogen einander auf Fleckerlteppichen herum. Etwas abseits baute ein traurig dreinsehender Bub mit dem Rücken zu den anderen eine immer höher wachsende Festungsmauer in eine Zimmerecke – dem armen Außenseiter geht es gar nicht gut, dachte ich mir… Gegen 10.30 beschlossen die anderen Kinder, in den Park zu gehen, er wollte als einziger nicht mit. Die Lernbegleiterin überließ den Kindern die Entscheidung, in welchen der 3 zur Auswahl stehenden Parks sie gehen wollten. Nach einem längeren Palaver konnten sich alle auf einen Park einigen – bis auf einen besonders lebhaften Knaben, der unbedingt in einen anderen Park gehen wollte und nun lieber schmollend da blieb, als auf seinen Wunsch zu verzichten. Ein fröhlicher Haufen machte sich mit der jungen Lernbegleiterin auf den Weg, ich blieb mit einem Traurigen und einem Schmollenden allein zurück.

Das kann ja heiter werden!, dachte ich mir, sagte aber kein Wort, sondern blätterte scheinbar geistesabwesend in einem Bilderbuch und wartete ab, was geschehen würde. Es dauerte nicht lange, bis dem Wildfang das Schmollen zu langweilig wurde. Er sprang von seinem Sessel auf und begann um den traurigen Jungen, der weiter an seiner Festungsmauer baute, herumzuhüpfen. Der sah zunächst gar nicht auf und beantwortete die Fragen des Wildfangs ausgesprochen schroff und abweisend. Der Wildfang ließ sich davon aber nicht entmutigen. Ohne Murren steckte er die unfreundlichen Kommentare des anderen Jungen ein, bis der erstaunt zu ihm aufsah und allmählich aufzutauen begann. Eine halbe Stunde später saßen die beiden einträchtig nebeneinander, vertieft in ein Brettspiel, das sie sich aus dem Kasten geholt hatten…!

Wie großartig hat die himmlische Regie die Dinge doch gefügt, dachte ich: Offenbar musste der Wildfang zurückbleiben, weil er als einziger in der Lage war, den traurigen Neuankömmling in so kurzer Zeit aus der Reserve zu locken und von seiner Traurigkeit zu heilen! Und er selbst hat dabei sein Selbstbewusstsein gestärkt und einen neuen Freund gewonnen, der inzwischen schon bei ihm übernachten darf! Im effizient durchorganisierten Alltag einer Schule ist für solche Wunder meist kein Raum…sie können nicht GEMACHT, nur ZUGELASSEN werden!

Das ZULASSEN ist jetzt gerade auch Thema Nr. 1 in der Hutfabrik, wohin der CLS mit Sack und Pack am Montag übersiedelt ist. Im WOZU-Raum versammeln sich am Morgen alle Kinder, die noch nicht wissen, wozu sie heute hergekommen sind: Die Kleinen, die den ganzen Tag hier weiter spielen möchten und gar nichts anderes brauchen. Und die ehemaligen Schulkinder, die gewohnt waren, dass man ihnen sagt, was sie tun sollen, und die von der Frage „WAS WILLST DU TUN?“ noch restlos überfordert sind. Nicht weniger anstrengend als für sie ist diese Phase für die Erwachsenen, die auch erst lernen müssen, auf Ermunterungen, gute Ratschläge, bewährte Erziehungstipps und Tricks zu verzichten, um den Selbstfindungsprozess der Kinder nicht zu stören… Und das heißt zunächst einmal, Langeweile und Frustration ZULASSEN können, eine Herausforderung für uns Anfänger!

Entschädigt werden wir dafür mit der Freude über die Kinder, die schon in ihre Kraft hineinwachsen: Die Jugendlichen, die für 25 Menschen einkaufen und kochen, wie die Oberkellner servieren und nach dem Essen jedem einzelnen genau erklären, wie die Spülmaschine einzuräumen ist. Die Fünfjährige, die am Sonntag stundenlang beim Putzen mitgeholfen hat. Die Neunjährige, die eifrig Obst und Gemüse für die Jause schneidet und dabei zu ihrem gleichaltrigen Kollegen sagt: „Komisch, zu Hause will ich nie mithelfen, aber hier macht das so viel Spass!“

Die erfahrenen Freilerner-Eltern haben andere Sorgen: Sie kämpfen für das Recht, ihre Kinder weiterhin selbstbestimmt aufwachsen zu lassen. Obwohl das Jugendamt bestätigte, dass es ihren Kindern an nichts fehlt, haben zwei Familien eine Anzeige erhalten: Die Schulbehörden hatten einen Antrag auf Entzug bzw. Einschränkung des Sorgerechts gestellt, obwohl dies gar nicht in ihrer Kompetenz liegt, sondern in die des Jugendamtes fällt… Wie gut, dass ein Vater selbst Jurist ist! Und wie gut, dass der Neunjährige, der als erster ohne seine Eltern vor der Richterin erscheinen musste, darauf bestand, Freunde mitzubringen und auf die Frage, was er sich wünsche, ganz klar antworten konnte: „Dass alles so bleibt, wie es jetzt ist!“

Es gäbe noch manches zu berichten: Etwa über das Bildungsfestival stEFFIES, bei dem Sibylle und ich einen Workshop über die Hintergründe der Schaubildarbeit gehalten haben. Wir sind dort wunderbaren, großteils ganz jungen Menschen begegnet, die sich mit Feuereifer für eine nie da gewesenen Veränderung der gesamten Bildungslandschaft einsetzen. Oder über die Seminare mit Irina Lang in der Sonnenuhrgasse, bei denen wir wieder erleben konnten, dass es genügt, einem Kind ZUZUTRAUEN, dass es mit geschlossenen Augen wahrnehmen kann, damit ihm das innerhalb von 10 Minuten gelingt… Herzerwärmend war für uns und die Teilnehmer Irinas neues Seminar über die SPRACHE DER SEELE, das sie bei ihrem nächsten Besuch im Jänner fortsetzen wird. Außerdem haben wir sie um ein weiteres Seminar für Eltern und Pädagogen gebeten: WAS BRAUCHEN DIE KINDER DER NEUEN ZEIT? Genauere Informationen versenden wir demnächst.

Für heute nur noch 2 wichtige Erinnerungen: an den 3-tägigen Workshop LERNEN AUS DER ZUKUNFT mit dem Quantenphysiker Schatanov und an das FEST FÜR ARNO STERN am 6.11.2015:

Zukunftsfrohe Grüße! Alexandra, Sibylle und Melanie

Juli 2015

Juli 2015


Liebe Scholé-Freunde!

Seit den letzten Nachrichten sind fast 8 Wochen vergangen, in denen Entscheidendes passiert ist!

Wo im Sommer 2014 mit dem Kennenlerntag und 3 Sommercamps die praktische Verwirklichung der Scholé-Idee begonnen hat, dort treffen sich nun – genau ein Jahr später! – vom 21. bis zum 23. Juli zahlreiche Kinder, Eltern und Lernbegleiter, die ab September im gerade gegründeten „Colearning Space“ miteinander leben, lernen und experimentieren wollen! In dem herrlichen Park und dem gastfreundlichen Haus von Florence und Reinhold bei Neulengbach werden sie 3 Tage lang feiern, spielen und besprechen, was dazu im Innen und Außen noch wichtig und notwendig ist…

Obwohl der Standort für den Colearning Space noch gar nicht endgültig feststeht, gab es beim 2. Infoabend am 1. Juli schon 25 angemeldete Freilerner im Alter zwischen 6 und 12 Jahren! Und die Zahl der Lernbegleiter, die von der Sache so begeistert sind, dass sie unentgeltlich mitmachen möchten, steigt unaufhaltsam… (Nähere Informationen findet ihr auf der kürzlich eingerichteten Homepage www.colearning-wien.at) DANKE AN ALLE, DIE SICH FÜR DIESES GEMEINSCHAFTSPROJEKT SELBSTLOS EINGESETZT HABEN!

Der Gründung des Colearning Space sind viele Monate intensivster Arbeit auf allen Ebenen vorausgegangen. Dazu gehörten neben herausfordernden Gemeinschaftsprozessen vor allem Lais-Seminare und spannende Experimente mit der Schaubildarbeit. Diese hat schon vor Richard Kandlins Vortrag im Februar mit dem ersten Mathematikprojekt der Begeisterungswerkstatt begonnen und wird seither anhand verschiedenster Themen in kleinen und größeren Gruppen immer tiefer ergründet.

Richard selbst hat am Wallersee bei Salzburg eine neue Heimat gefunden. Mit den Schülern der Weinbergschule erarbeitet er derzeit prototypische Schaubilder für Mathematik und alle Naturwissenschaften, die er im Rahmen von Seminaren für Schulgründer an Interessenten weitergibt. (Das genaue Programm findet ihr unter www.weinbergschule.at) Die Schulleiter, Sonja Menua und Hannes Menuahkim Maier, unterstützen ihn dabei tatkräftig, denn sie wissen aus ihrer 10-jährigen praktischen Erfahrung sehr genau, worauf es ankommt: auf die zugrunde liegende GEISTESHALTUNG.

Weder LAIS, das natürliche Lernen, das so viele Menschen gerade wiederentdecken wollen, noch die in der Schetininschule entwickelte Schaubildarbeit sollten als Lerntechniken missverstanden / missbraucht werden! Sie sind nicht gedacht als neumodische Werkzeuge, mit denen sich herkömmliche Lernziele rascher und effizienter erreichen lassen, sondern als lebendiger Ausdruck einer Evolution des Bewusstseins, die das in unserer Welt immer noch vorherrschende Grundprinzip „DIVIDE ET IMPERA / TEILE UND HERRSCHE!“ auf allen Ebenen zu überwinden trachtet.

Solange wir nicht aufhören, zwischen Lehren und Lernen, Arbeit und Freizeit oder noch allgemeiner zwischen Fühlen, Denken und Handeln sichtbare oder unsichtbare Barrieren zu errichten, bleibt uns das eigentliche Potential des natürlichen Lernens und der Schaubildarbeit ebenso verschlossen wie unser eigenes menschliches Potential und das unserer Kinder! Erst wenn wir diese – durch die Macht der Gewohnheit wohl gehütete! – Barriere überwunden haben, betreten wir buchstäblich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Und erst dort kann Schetinins Leitsatz „Der Mensch weiß alles“ zu einer gelebten Erfahrung für uns werden…

Sibylle und mir wurde die ehrenvolle Rolle der „Elders“, also der Stammesältesten und Weisheitshüterinnen in dem wachsenden Freilerner-Netz rund um Scholé zuerkannt: Wir dürfen unsere Erfahrungen und Einsichten den Jungen zur Verfügung stellen, die mit den Herausforderungen des Alltags alle Hände voll zu tun haben. Außerdem gibt es noch andere Probleme wie das der Jahresprüfungen, die Vater Staat zur Voraussetzung für den häuslichen Unterricht macht: Wird es uns gelingen, mit Hilfe aufgeschlossener Beamter und engagierter Wissenschaftler eine neue Prüfungsordnung durchzusetzen?

Diese Frage bewegt auch die Lais-Schulen, die gerade an mehreren Orten wir Schwammerln aus dem Boden sprießen (siehe unter LAIS im Internet), und natürlich auch die Freilerner „reinsten Wassers“, die sich gemeinsam mit ihren Kindern zu Hause und in ihrem weiten Freundeskreis frei entfalten wollen. Wir hoffen sehr, dass ihr Mut bald belohnt wird durch ein friedliches Abkommen mit den Behörden! Denn das gesamte Bildungswesen scheint gerade im Umbruch zu sein, viele Menschen suchen neue Wege – wie schön wäre es, könnten wir uns ein für allemal von der Idee eines einheitlichen Bildungssystems verabschieden und zur freudigen Bejahung der vorhandenen Vielfalt durchringen :-))

Die jungen Leute, die vom 25. bis zum 27.9. das stEFFIE-Festival organisieren und Scholé dazu eingeladen haben, träumen jedenfalls jetzt schon von einer Zukunft des Lernens, die der Kreativität keine Grenzen mehr setzt …

Mit „getrennter Post“ schicken wir euch, damit sie nicht untergeht, die herzliche EINLADUNG zum Schaubild GESCHICHTE(N) ERZÄHLEN, das Flo, Reini, Alex und Fabian uns nach mehrmaliger Überarbeitung übergeben wollen! Falls gewünscht, findet im Anschluss daran ein AUFSTELLUNGSNACHMITTAG zu aktuellen Fragen statt!

Heiße Sommergrüße Alexandra und Sibylle

Mai 2015

Mai 2015


Liebe Scholé-Freunde,

Es gibt viel zu berichten! Scholé entwickelt sich zu einer Drehscheibe für verschiedene Formen freien und natürlichen Lernens. In den letzten Wochen haben wir mit vielen Menschen gesprochen, viele Initiativen kennengelernt und dabei wichtige Erfahrungen gemacht:

Die Vielfalt, die wir an den Kindern so schätzen und unbedingt erhalten wollen, müssen wir auch den Erwachsenen zugestehen: DEN RICHTIGEN WEG gibt es nicht, sondern jeder Weg entsteht Schritt für Schritt vor den Füßen dessen, der ihn geht! Was es hingegen sehr wohl gibt, ist das GEMEINSAME ZIEL, nämlich die freie Entfaltung anstelle einer normierten und normierenden Bildung.

Manche engagierte Reformer bemühen sich, innerhalb des bestehenden Systems diesem Ideal näher zu kommen. Sie haben die schwierigste und undankbarste Aufgabe, denn sie können sich meist weder ihre Schüler noch ihre Mitarbeiter aussuchen und müssen sich auf Schritt und Tritt mit den Einschränkungen des Systems auseinandersetzen. Pionierinnen wie Ingrid Teufel in Wien oder Margret Rasfeld in Berlin haben allerdings gezeigt, dass sich mit Mut und Beharrlichkeit unglaubliche Veränderungen erzielen lassen…

Eine andere, viel kleinere, aber sehr rasch wachsende Gruppe orientiert sich am Beispiel der ersten LAIS-Schule in Klagenfurt: Sie verschreiben sich dem natürlichen Lernen (LAIS ist das keltische Wort für Lernen) und auch der in Tekos entwickelten Schaubildarbeit, ohne deshalb von den vorgeschriebenen Jahresprüfungen gänzlich abzurücken. Das vermittelt vielen Eltern ein Gefühl der Rechtmäßigkeit und Sicherheit und würde es ihren Kindern auch ermöglichen, jederzeit wieder in eine andere Schule zu wechseln. In Wien wird gerade der Colearning Space Wien gegründet, bei dem sich InteressentInnen noch melden können (lais@colearning-wien.at).

Die kleinste Schar sind die Freilerner / Unschooler im eigentlichen Sinn. Diese Eltern haben sich aus innerer Überzeugung dafür entschieden, die alleinige Verantwortung für ihr Tun und die Entfaltung ihrer Kinder zu tragen. Das war bisher ein ziemlich einsamer Weg, doch in letzter Zeit entstehen immer engere freundschaftliche Kontakte zwischen den einzelnen Familien, es gibt immer mehr gemeinsame Unternehmungen und Projekte.

Lustiger Weise tragen die Strafandrohungen der Schulbehörden wegen nicht abgelegter Jahresprüfungen zu diesem engeren Zusammenhalt nicht unwesentlich bei: Die Freilerner beraten nun regelmäßig miteinander über die besten, friedlichsten und konstruktivsten Maßnahmen im Umgang mit Bezirksschulinspektoren und Juristen des Bildungsministeriums, unterstützen einander fachlich und finanziell und haben so allmählich ein wunderbares Netzwerk geknüpft.

Im täglichen Leben dieser Familien spielen juristische Fragen allerdings überhaupt keine Rolle. Wesentlich ist ihnen der unbedingte Respekt vor den Kindern, ihren Eigenheiten und Bedürfnissen. Dabei machen sie sich aber nicht zu Dienern ihrer Kinder, sondern erkennen vielmehr, wie „reif“ selbst ganz junge Kinder schon agieren können, wenn sie nicht bevormundet werden! Eine Siebenjährige schafft es z.B. SPIELEND, eine Woche lang den Speisezettel für die ganze Familie zu erstellen, nach eigenem Ermessen die Einkaufsliste zu schreiben, allein einkaufen zu gehen und ihr Menü dann auch noch fast ohne fremde Hilfe zuzubereiten! In der Redewendung „spielend schaffen“ oder „spielend lernen“ steckt also eine tiefe Wahrheit: DAS FREIE SPIEL IST DER KÖNIGSWEG DES LERNENS!

Bei den Freilernern sehe ich den Scholé-Gedanken am reinsten verwirklicht. Darum bemühe ich mich auch, durch Briefe und persönliche Begegnungen mit Bildungs- und Erziehungsexperten Interesse für unser Forschungsprojekt zu wecken: Falls der eine oder die andere bereit wären, Diplomanden mit der Beobachtung der Freilerner-Kinder und ihrer weder planbaren noch vorhersagbaren Entwicklungsfortschritte zu betrauen, könnte eine solche wissenschaftliche Evaluierung vielleicht als Ersatz für die Jahresprüfungen anerkannt werden. Außerdem würden die sicher hoch interessanten Ergebnisse einer solchen Studie zur Verbreitung der Freilerner-Idee dienen…

Mit der Schaubildarbeit, die von vielen Generationen von Schetininschülern entwickelt wurde, haben wir uns in den letzten Wochen intensiv beschäftigt. Es ist jedes Mal wieder verblüffend zu erleben, wie viele Facetten es da zu entdecken gibt: Kein Treffen gleicht dem anderen, jedes Schaubild ist ein einzigartiges Kunstwerk und jede Weitergabe setzt einen lange noch fortwirkenden Bewusstwerdungsprozess in Gang, sowohl bei den Übergebenden als auch bei den Empfängern, die ihrerseits bald auch wieder Übergebende sein werden und so fort… Beim Mathematikprojekt der Begeisterungswerkstatt kommt die Schaubildarbeit natürlich ebenfalls zum Einsatz – ich bin schon sehr gespannt darauf, was die Teilnehmer erzählen werden!

Und mit den Schülern der Weinbergschule am Wallersee entwickelt Richard Kandlin die Schaubildarbeit gerade auf allen Gebieten weiter: Unter www.weinbergschule.at finden sich sowohl einige anschauliche Videos dazu als auch die Termine der nächsten Vorträge und Module für Schulgründer!! In der friedvollen Atmosphäre der Weinbergschule, die schon seit 10 Jahren besteht, können Besucher aber vor allem erfahren und selbst wahrnehmen, worauf es bei der freien Entfaltung wirklich ankommt: auf tätige Mitmenschlichkeit, Respekt vor allen Geschöpfen und die tiefe Verbundenheit mit dem Schöpfer.