Dezember 2014: Jahresrückblick

Dezember 2014: Jahresrückblick


Liebe Scholé-Freunde,

Ich beginne diesmal mit einer Bitte:

Liebe Leute aus dem Freundeskreis des Scholé-Projekts! Wie Mitte Oktober angekündigt wenden wir uns wieder an euch, nachdem es uns gelungen ist, für die Begeisterungswerkstatt Räumlichkeiten anzumieten. Diese liegen im 6. Bezirk in der Sonnenuhrgasse, und wie ihr vielleicht wisst, hat vorgestern bereits die Weihnachtsfeier der Scholé-Begeisterten dort stattgefunden. Nicht zuletzt dank eurer Spendenzusagen aus dem Oktober haben wir uns getraut, das Mietverhältnis – vorerst für ein Jahr – einzugehen. Und wir würden uns freuen, wenn ihr uns die seinerzeit zugesagten Spenden überweisen würdet. Start ist der Monatsanfang im Jänner, die Bankverbindung des Trägervereins lautet: Kontowortlaut: Studierwerkstatt IBAN: AT45 1400 0061 1066 5189 Bitte Text „Spende für Miete Sonnenuhrg.“ angeben! Sollten noch Fragen bestehen, ersuchen wir um Kontaktaufnahme (bitte unter mostschedl@gmx.at), wir werden versuchen, diese rasch zu beantworten! Alles Liebe, schöne, besinnliche Weihnachten und einen guten Rutsch in Richtung 2015! Reinhold Theiß & Florence Holzner Begeisterungswerkstatt

Wer erinnert sich noch an das beliebte Poesiealbum-Sprüchlein „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit’ren Stunden nur!“? Ist es nicht großartig, dass ein Projekt namens „Muße für Herz und Geist“ seine erste Heimstatt in der SONNENUHRgasse findet?

Die Begeisterungswerkstatt hat mutig den Mietvertrag unterschrieben in der Hoffnung, dass ihre eigenen Mittel – die zur Not für den Anfang ausreichen – von Begeisterten aus dem Umkreis aufgestockt werden: Wir wenden uns mit dieser Bitte nicht an anonyme Sponsoren, sondern ganz bewusst nur an Freunde, die uns persönlich vertrauen und an der Sache selbst interessiert sind!

HIER EIN KURZER RÜCKBLICK AUF DAS 1. SCHOLÉ-JAHR 2014:

Wer von uns hätte bei der ersten Informationsveranstaltung, die am 13.1.2014 von Amaté ermöglicht worden ist, gedacht, dass wir keine 12 Monate später schon so viele AKTIVE Mitglieder, einen eigenen Grund in Scheiblingstein und eine Wohnung in der Sonnenuhrgasse haben würden…?

Nach der 2. Informationsveranstaltung bei der Parcademy am 4.3.2014, zu der auch wieder viel mehr Leute kamen, als wir gedacht hätten, haben Sibylle und ich nur noch Freundes-Treffen organisiert: Es ging uns ja um die Qualität unseres Forschungsprojekts, und die hätte sicher gelitten, wenn die Zahl der Interessenten zu früh explodiert wäre.

Zu den Scholé-Treffen – die ersten fanden im Café Heumarkt statt, die nächsten dann bei United Creations, die uns ihren Raum frei zur Verfügung stellten – kamen alte und neue Freunde, einige waren nur einmal da, andere sind uns treu geblieben. Es gab an diesen Abenden 2 wichtige Regeln:

Über Schule wird nicht gesprochen, so entziehen wir dem herrschenden System unsere Energie.
Wir überlegen gemeinsam, was an menschlichen und sonstigen Ressourcen schon vorhanden ist und wie wir sie im Sinne unseres Forschungsprojekts nutzen könnten.

Es war eine Freude zu erleben, wie viel jedem/jeder einzelnen plötzlich einfiel: Kochkünste, Wanderlust, Naturerfahrungen, Musik, Gesang, Tanz, Yoga, verschiedenste Sportarten, Fremdsprachenkenntnisse, Wahrnehmungsübungen, frei stehende Räume usw. Das nur allzu vertraute, von Problemen und Sorgen ausgehende Mangelbewusstsein machte einem fröhlichen Bewusstsein der FÜLLE Platz! Auf einmal schien alles möglich zu sein – sogar etwas so Abenteuerliches wie das Forschungsprojekt Scholé, von dem niemand weiß, wohin es führen wird!

Die ersten Pioniere – eine dreifache Mutter und ein junger Mann, der es sich nach Abschluss der Schule zum Ziel gesetzt hat, wieder ganz Kind zu werden – begannen schon im Frühjahr, unsere Ideen in die Tat umzusetzen. Mitglieder von zwei bereits bestehenden Gruppierungen – Freilerner-Initiative und Begeisterungswerkstatt – brachten Schwung in die Sache und teilten ihre praktischen Erfahrungen bereitwilligst mit jedem, der Interesse dafür zeigte.

Im April verbrachte ich ein inspirierendes Wochenende in einer Jurte am Stadtrand von Graz: Sie gehört dem Verein Bildungsgarten des Lebens, dessen Obfrau Gleichgesinnte wie mich und die Gründerin der Lais-Schule in Klagenfurt eingeladen hatte, über völlig neue Formen des Lernens nach dem Vorbild der Schetininschule gemeinsam nachzudenken.

Sibylle und Mitglieder der Begeisterungswerkstatt fuhren einige Wochen danach ebenfalls nach Graz zum Vortrag eines deutschen Schetininschülers, der die in Tekos entwickelten Lernmethoden im ganzen deutschen Sprachraum zu verbreiten sucht. Die Tragweite seiner Mission können wir erst jetzt ermessen, denn die Schetininschule, wie Sibylle und ich sie im Herbst 2013 gerade noch kennengelernt haben, existiert nicht mehr: Als ihr Gründer Michail Schetinin heuer schwer erkrankte, haben die russischen Behörden auf einen Schlag die Schülerzahl verdreifacht… das ist der Anfang vom Ende dieser Schule, die von der Unesco dreimal zur besten der Welt erklärt wurde, aber ihre Saat wird anderswo in neuer Gestalt aufgehen!

Im Mai machte eine großzügige Unterstützerin uns ein Grundstück in Scheiblingstein zum Geschenk, was uns eine Riesenfreude bereitete und die Erdung des Projekts vorantrieb: Wir mussten nun – als ordnungsgemäßen Empfänger dieses Geschenks – einen Verein gründen und ein eigenes Vereinskonto eröffnen. Unser Anwalt, selbst Gründer vieler alternativer Projekte, kam uns dabei in jeder Hinsicht entgegen und auch die Maklerin, über die der Grundkauf lief, verzichtete aus Begeisterung für das Projekt auf einen Teil ihres Honorars.

Um Informationen auszutauschen erstellten wir eine Homepage und eine Facebook-Gruppe. Immer deutlicher wurde uns dadurch bewusst, dass die von den österreichischen Behörden verlangten Jahresprüfungen der Hauptgrund dafür sind, dass viele Eltern es einfach nicht wagen, ihre Kinder Freilerner werden zu lassen. Die Freilerner-Initiative setzt sich schon seit 2013 intensiv für Gesetzesänderungen ein – mein Brief an die Unterrichtsministerin kann hoffentlich auch etwas dazu beitragen.

Von Anfang an war mir bewusst, dass unser Menschenbild von unserer Wahrnehmungsfähigkeit abhängig ist: Solange wir uns für klein, bedürftig und von allen anderen getrennt halten, lassen wir uns von allen möglichen „Vormündern“ (Schulen, Kirchen, Ideologien etc.) bereitwillig oder sogar dankbar vereinnahmen: Erst wenn wir unsere verborgenen Kräfte und damit zugleich unsere Verbundenheit mit allem Lebendigen ERFAHREN haben, können wir uns als selbstmächtig, frei und schöpferisch erleben!

Im Juni begegnete mir auf der Suche nach geeigneten (Selbst-)Wahrnehmungsübungen auf Youtube durch „Zu-fall“ ein Video über Direkte Informative Wahrnehmung nach der Methode des russischen Forschers Mark Komissarov. Ich traute meinen Augen kaum: Wie ließ sich einfacher und überzeugender beweisen, dass wir Menschen nur einen Bruchteil unserer Fähigkeiten kennen und nutzen?! Auf dem Video waren Kinder zu sehen, die in kürzester Zeit spielerisch lernten, mit lichtdichten schwarzen Brillen Farben, Formen und Buchstaben zu unterscheiden! Außerdem empfand ich eine warme Welle der Sympathie für Komissarovs Dolmetscherin Irina Lang – es gelang mir, sie ausfindig zu machen, und als ich ihr von Scholé erzählte, war sie gerne bereit, im September für 2 Workshops nach Wien zu kommen.

Davor fanden noch insgesamt 4 Sommerlager statt. Die ersten drei verdanken wir dem unermüdlichen Idealismus von Florence und Reinhold! Sie sind Eltern von zwei Freilernerkindern und bilden die lebende Brücke zur Begeisterungswerkstatt. Im Juli luden sie alle interessierten Erwachsenen und Kinder in ihr Haus mit dem wunderbaren großen Garten ein und stellten uns ihre Zeit, ihre Aufmerksamkeit, ihre Erfahrung, sämtliche Räume, Werkzeuge und Spielsachen freigiebig zur Verfügung! Es war eine Herausforderung, zwischen den so verschiedenen Charakteren und Vorstellungen, die da zusammentrafen, zu vermitteln – aber bei den meisten überwogen am Ende doch die beglückenden Erfahrungen… Beim 4. Sommerlager in Scheiblingstein erlebten einige Scholé-Kinder eine wundervolle Waldwoche, veranstaltet von Lilian und ihrem Mann, die dort zu Hause sind.

Nach dem Sommer unternahmen wir kurzfristig den Versuch, Scholé-Gruppen zu bilden – der Versuch scheiterte, noch ehe er richtig begonnen hatte, an den üblichen „Gruppenregeldebatten“… Mit Melanies Hilfe entschieden wir, ab nun nur noch PROJEKTE zu veranstalten: Wer eine Idee hat, schreibt sie aus und legt die Bedingungen fest. Wer Interesse hat, macht mit und nimmt damit auch die Bedingungen an, die zur Erreichung des gesteckten Ziels nötig sind. Danach gehen alle wieder auseinander, um sich bei einem anderen Projekt mit anderen Regeln und vielleicht auch anderen TeilnehmerInnen wieder zu finden.

Das erste derartige Projekt war das Abernten eines riesigen alten Apfelbaums, der auf unserem Grundstück steht, und die Verarbeitung der Äpfel. Das zweite, viel größer dimensionierte Projekt ist ein von der Begeisterungswerkstatt initiiertes Mathematik-Projekt, das sich in erster Linie an Erwachsene richtet: Sie sollen erst einmal ihre eigene verschüttete Begeisterung für Mathematik entdecken, um dadurch auch ihren Kindern diesen Zugang zu eröffnen. Der erste Teil dieses Projekts fand in Neulengbach statt, nun soll es in der Sonnenuhrgasse das ganze Jahr lang fortgesetzt werden, weil alle – auch die Kinder, die unbedingt mitmachen wollten! – so begeistert davon waren…

Im September erlebten etwa 30 Personen erstmals staunend mit, wie mühelos Kinder die Fähigkeit, ohne Augen zu sehen „in sich freischalten“ können! Für einige geplagte SchülerInnen war es wohl auch eine Genugtuung zu erleben, dass Erwachsene mit ihnen da nicht mithalten können: Bei den meisten großen Leuten hat Fritz (das rationale Denken) den Zugang zu Franz (dem Hüter der Intuition) schon beinahe schalldicht zugemauert – mit Irinas Hilfe lernen sie diese Mauer aber Stück für Stück zu zertrümmern! Im Jänner findet schon das 4. Seminar mit Irina Lang statt, organisiert von Sibylle, und uns drei verbindet inzwischen eine innige Freundschaft…

Auch für Irina war die Begegnung mit Wien eine Sternstunde: Sie verliebte sich in die besondere Energie dieser Stadt und sieht sie als künftiges Zentrum einer „Akademie zur Entfaltung der Wahrnehmung“. Die Direkte Informative Wahrnehmung steht am Beginn dieses groß angelegten Projekts, das schon im Februar 2015 einen weiteren russischen Wissenschaftler nach Wien bringen wird: Alexandr Schatanov, der auf interdisziplinärer Basis seit 30 Jahren eine völlig neue Form des Lernens erforscht: das Lernen aus der Zukunft! EINLADUNG FOLGT DEMNÄCHST!

Damit beende ich diesen Bericht, obwohl es noch viel zu erzählen gäbe und viele weitere Menschen zu erwähnen wären, die Zeit, Enthusiasmus und Ressourcen aller Art in unser Forschungsprojekt investiert haben! Ihnen allen möchten wir am Ende dieses ersten Scholé-Jahres aus ganzem Herzen DANKEN!

Allen Scholé-Freunden wünschen wir ein gutes neues Jahr 2015 voll Liebe, Freude und Segen!

Alexandra und Sibylle